1524 – die Welt dreht sich der
Neuzeit entgegen. Amerika ist längst entdeckt; die Zahl der gedruckten
Bücher vervielfältigt sich von Jahr zu Jahr, und Martin Luther hat
seine Thesen an die Tür der Wittenberger Schlosskirche genagelt. Aber in
Glatt, einem kleinen Dorf am oberen Neckar, gelten wie überall auf dem
Land noch die Gesetze des Mittelalters. Die Hand des Grundherrn lastet schwer
auf den Schultern der hörigen Bauern; sein Wille ist Befehl, sein Wort
ist Gesetz. Aberglauben, Armut, die Angst vor Unwetter und Katastrophen
bestimmen den Alltag.
Dann wird der seit Jahren vor sich hin
flackernde bäuerliche Aufruhrs durch die Stimme der Reformation zu einem
gefährlichen Flächenbrand angefacht, der auch das Dorf Glatt
erfasst: Die Wasserburg wird gestürmt und geplündert und die
Glatter Bauern schließen sich dem Schwarzwälder Haufen an, einer
Grupper bewaffneter Bauern, und ziehen mit ihnen gegen die Truppen des
schwäbischen Bundes. Bei Böblingen kommt es im Mai 1525 zu der
entscheidenden Begegnung: Angesichts der drückenden Überlegenheit
des Schwäbischen Bundes ergreifen die Bauern in Panik die Flucht; ein
Großteil wird abgeschlachtet wie die Hasen. Nach der Schlacht von
Böblingen halten die Herren ein Strafgericht über die Bauern ab und
stellen den alten Zustand wieder her.
Viele Bauern sind enttäuscht von
Martin Luther, der sie im Stich gelassen hat, so dass die schwärmerische
Lehre der Wiedertäufer um Michael Sattler bei ihnen auf fruchtbaren
Boden fällt. Sattler lebt
und predigt strenge Bibeltreue, Weltabgeschiedenheit und einen bedingungslosen
Pazifismus, bis schließlich die Obrigkeit auf ihn aufmerksam wird. Mit
den Lutheranern hat man schon genug Ärger, und diese Täufer, die
nicht gegen die Türken kämpfen wollen, sind noch schlimmer. In
einer Überraschungsaktion werden die Täufer mitsamt Sattler
verhaftet und nach Rottenburg gebracht, wo man ihnen wegen Ketzerei den
Prozess macht.
©Isabell Pfeiffer
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